“KI ist ein Werkzeug – die richtigen Fragen müssen wir stellen”
Viele Programmierer äußern angesichts KI die Sorge, dass ihr Beruf überflüssig werden könnte. Brauchen Sie künftig noch Programmierer oder eher Mitarbeitende, die prompten können?
Wir benötigen weiterhin Mitarbeiter, die programmieren können – und die richtigen Fragen stellen! Der Einsatz von KI bietet ohne Zweifel in der Softwareentwicklung großes Potential. Große Sprachmodelle können viele Sprachen lernen und Programmiersprachen gehören dazu. Manche Modelle besitzen auch bereits gute Programmierfähigkeiten. Das eigentliche Problem ist aber nicht das Programmieren, sondern die richtigen Fragen zu stellen und die Aufgabenstellung korrekt zu beschreiben. Die Kunst liegt also darin, Anforderungen so zu spezifizieren, dass sie programmierbar sind – und das kann bislang nur ein Mensch.
Wie verändert KI das Arbeiten in der Produktentwicklung und an welcher Stelle kann diese bereits von KI profitieren?
Wir stehen hier noch am Anfang – aber es gibt erste Anwendungsfälle, in denen KI bestimmte Workflows unterstützt. Gerade bei repetitiven Tätigkeiten zeigt sich der Nutzen. Setzen wir KI so ein, dass sie Kreativität fördert und relevante Informationen zur richtigen Zeit bereitstellt, stehen wir vor einem Umbruch. Heute ist all das aber erst in Ansätzen zu spüren – in der Elektrokonstruktion sind wir weit davon entfernt, einen durchgängig KI-gestützten Workflow erreicht zu haben. Zunächst müssen wir prüfen, an welcher Stelle wir ansetzen können. Auch hier ist übrigens wieder die präzise Beschreibung der Anforderungen entscheidend. Und am Ende zählt wie schon zuvor, welcher Mehrwert für den Kunden entsteht.
Auf der Hannover Messe 2025 wurden bereits erste Ansätze auf Basis des Copiloten von Microsoft gezeigt – wo liegt hier der Mehrwert?
Ein wichtiger Bereich ist bereits die Bereitstellung von spezifischem Know-how, das direkt über den Copiloten abgefragt werden kann – zum Beispiel zu relevanten Normen. Die KI ermöglicht zudem schnelle Antworten auch auf vermeintlich triviale Fachfragen – aber wiederum quantitativ und qualitativ abhängig von dem zur Verfügung stehenden Input. Darüber hinaus gehen wir mit Microsoft gezielt in den konstruktiven Prozess hinein: Mit generativer KI können wir beispielsweise Elektrokonstrukteuren Vorschläge für das Layout einer Montageplatte machen. Ein dritter Aspekt neben Wissensvermittlung und Prozessbeschleunigung ist schließlich die automatisierte Qualitätssicherung – ein zentrales Element unserer Arbeit. Ziel ist es, nicht nur schneller zu werden, sondern vor allem auch zu besseren Ergebnissen zu kommen.
Bei den Layoutvorschlägen für die Montageplatte – steckt letztlich Machine Learning auf Basis realisierter Layouts dahinter oder kann die generative KI hier mehr?
Sie kann mehr und es handelt sich hier nicht um Machine Learning mit klassischer Bilderkennung. Letzteres wäre zwar prinzipiell möglich, würde aber die individuellen Arbeitsweisen der einzelnen Schaltanlagen- und Steuerungsbauer nicht berücksichtigen. Generative KI kann deutlich mehr – allerdings muss man ihr auch einige Grundregeln vorgeben. Um solche Regeln abzuleiten, lassen sich gerade im 3D-Layout-Bereich bestehende Anlagen als Muster nutzen. Dabei lässt sich die jedem Schaltanlagenbauer eigene Logik und sein individuelles Erfahrungswissen berücksichtigen – und das genau ist unser Ziel. Wenn wir diesen Prozess in unserer Domäne KI-gestützt gut abbilden, entstehen echte Effizienzvorteile
Lässt sich das Potential beziffern?
Gerade bei der Schaltplanerstellung wird heute schon regelbasiert gearbeitet. Das ist auf unserer Plattform nahezu vollständig automatisiert möglich. Sind alle erforderlichen Regeln und Bedingungen vorab definiert, kann das massiv Konstruktionszeit sparen. Einer unserer Kunden berichtet hier von Einsparungen im Bereich von 94 bis 96 Prozent.
Kann KI auch tatsächlich ‚intelligente‘ Lösungen liefern – im Sinne einer ‚starken‘ KI?
Lassen Sie mich dazu zunächst aus einem Vortrag zum Thema KI zitieren, den ich neulich hörte. Dort hieß es: ‚Intelligenz ist das autonome Lösen von Problemen. KI aber kennt keine eigenen Probleme – die muss der Mensch beschreiben, damit die KI sie löst.‘ Das finde ich ist eine spannende Sichtweise und bestätigt, dass das eigentliche Problem ist, die richtigen Fragen zu stellen. Unser Ziel ist, den Punkt zu erreichen, an dem die Elektrokonstruktion autonom, automatisiert und auf Basis einer guten Beschreibung durchgeführt werden kann. KI wird helfen, diesen Prozess zu beschleunigen.
Das ungekürzte Interview lesen Sie in KEM – Konstruktion I Automation.
Anwendung live erleben
Auf der SPS 2025 in Nürnberg bringt Eplan die Themen Verwaltungsschale/Eclass, Product Change Notification (PCN) und KI zusammen. Ein Anwendungsfall, an dem wir mit Phoenix Contact arbeiten, ist die automatisierte Weiterleitung von Product Change Notifications: Ändert Phoenix Contact eine Komponente, fließt diese Information automatisch in das Eplan Data Portal und damit in die Kundenprojekte in der Cloud. Anwender sehen, an welcher Stelle betroffene Teile verbaut sind und können direkt reagieren. Wollen Sie mehr darüber erfahren?